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Botschafter WU Ken plädiert auf dem "Tag des deutschen Familienunternehmens 2021" für Offenheit und Zusammenarbeit
2021-06-11 04:22

Auf Einladung der Stiftung für Familienunternehmen in Deutschland nahm Botschafter WU Ken am 11. Juni an der Veranstaltung "Tag des deutschen Familienunternehmens 2021" teil. In der Diskussionsrunde zum Thema "Handelsblöcke auf Konfrontationskurs - wie geht es weiter?" bekräftigte er folgende drei Punkte:

Erstens, Offenheit und Zusammenarbeit sind der beste Weg aus der Pandemie. Corona hat die Welt vor ernsthafte Bewährungsprobe gestellt. Die Weltwirtschaft steht vor der Gefahr einer Rezession. Auch Protektionismus ist in einigen Teilen der Welt wieder auf dem Vormarsch und internationale Zusammenarbeit wird vielerorts in Frage gestellt. All dies hat große Unsicherheiten für die Entwicklung der Weltwirtschaft mit sich gebracht. Besonders besorgniserregend ist es, dass einzelne politische Kräfte gerade jetzt, 30 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges, erneut Systemwettbewerb oder sogar einen neuen Kalten Krieg schüren und ideologische Blockbildung heraufbeschwören. Durch Entkopplungsversuche, unilaterale Sanktionen und technologische Blockaden wollen sie die Welt in Richtung Spaltung und Konfrontation treiben. Mit Blick auf die Post-Corona-Zeit stehen wir alle vor der entscheidenden Frage, die nur gemeinsam beantwortet werden kann: Wollen wir Abschottung und Entkopplung oder Offenheit und Zusammenarbeit?

Eines ist ganz klar, eine gespaltene und abgeschottete Welt wäre nicht mehr in der Lage, gemeinsame Herausforderungen wie Pandemien und Klimawandel zu meistern. Zudem würde so eine Welt zerstörerische Kraft für die wirtschaftliche Globalisierung und Handelsliberalisierung auslösen. Man darf nicht vergessen: offener Handel und internationale Zusammenarbeit bedeuten Wohlstand und Stabilität. Gerade China und Europa haben von der Globalisierung profitiert und wir sind uns darüber einig, eine offene Weltwirtschaft aufzubauen, das multilaterale Handelssystem aufrechtzuerhalten und weltweit eine inklusive Entwicklung zu realiseren. China wird weiterhin an Öffnung festhalten und das gleiche wünschen wir uns auch von Europa.

Zweitens, gegenseitige Abhängigkeit ist keine schlechte Sache. Die Pandemie hat in Europa eine große Debatte über die Sicherheit der Industrie- und Lieferketten angestoßen. Von der wirtschaftlichen Abhängigkeit von China ist die Rede. An dieser Stelle erinnere ich mich noch genau an die Anfangsphase der Pandemie im letzten Jahr. Damals hat Europa an China appelliert, mehr Beatmungsgeräte zu exportieren. Chinesische Hersteller konnten den Wunsch nicht erfüllen. Aber am Ende des Tages fand man heraus, dass zwei Komponenten zunächst aus Deutschland importiert werden mussten und die deutschen Hersteller die Komponente eben aus pandemischen Gründen nicht rechtzeitig liefern konnten. Sie sehen also, in einer globalisierten Welt sind die Produktions- und Lieferketten so eng miteinander verwoben und die Abhängigkeit keine Einbahnstraße ist, sondern immer gegenseitig. Im jüngst veröffentlichten Positionspapier des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft wurde auch ähnliches hervorgehoben. Ich zitiere: Abhängigkeit ist keine Schwäche, solange sie gegenseitig ist. Gegenseitige Abhängigkeit kann zur Stabilität der bilateralen Beziehungen beitragen. Eine breite wirtschaftliche Entkopplung ist nicht im Interesse der EU. Zitat Ende. Diese Position nehmen wir als vernünftig wahr. Denn im Falle einer Entkopplung wird niemand als Gewinner hervorgehen.

Drittens, wir wollen Kooperation und keine Konfrontation. China ist immer der Auffassung: Etikettierung hilft uns nicht weiter. Daher gefällt uns der sogenannter Dreiklang „Partner, Wettbewerber und Rivale" gar nicht. Die Erfolgsgeschichte der 46-jährigen China-EU-Kooperation hat gezeigt, dass wir konstruktiv zusammenarbeiten können, auch wenn man eben nicht immer einer Meinung ist. Unterschiede in Bezug auf Gesellschaftssystem und Entwicklungsmodell hatten China und EU von Anfang an. Sie haben uns aber nicht daran gehindert, einander zu respektieren und ergebnisorientiert zusammenzuarbeiten. Solche Unterschiede gabe es, gibt es und wird es auch weiter geben.

Es mag sein, dass Chinas schnelle Wirtschaftsentwicklung Europa einigermaßen unter Druck gesetzt hat. Dennoch sind wir der Meinung, dass der Druck aus Wettbewerb längst kein Grund dafür ist, Kooperation abzulehnen, zu befürchen oder sogar auf Konfrontationskurs zu gehen. Wir verstehen Europas Anspruch, eigene wirtschaftliche und technologische Vorteile zu wahren. Allerdings glauben wir: auch wenn der Wettbewerb in manchen Bereichen besteht, können wir den Wettbwerb in einen Ansporn zum gemeinsamen Fortschritt nach vorn umwandeln, statt ihn als Nullsummenspiel wahrzunehmen. Gerade habe ich die gegenseitige Abhängigkeit der Industrieketten erwähnt. Die „Made in China"-Produkte werden z.B. heutzutage bei weitem nicht rein in China hergestellt. Viele eingebaute Komponenten kommen aus Deutschland, aus Europa. Daher glaube ich, die einzige richtige Antwort für den Wettbwerb heißt: mehr Kooperation wagen!

 

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