Home Über uns Wirtschaft und Handel Kontakt Konsularservice Bildung Presse Links
 
Home > Themen > Tatsachen über Tibet
3. Demokratische Reform
2021-03-11 17:40

Ein angeketteter tibetischer Sklave auf dem Acker in den 1950er Jahren.

Anfang der 1950er Jahre herrschte im Tibet mit dem 14. Dalai Lama an der Spitze ein theokratisches Feudalsystem, das auf Leibeigenschaft und Sklaverei basierte. Eine kleine Elite (etwa 5 Prozent der Bevölkerung) bestehend aus Adel und Klerus rund um den Dalai Lama besaß alles Land und Reichtümer. Die Leibeigenen und Sklaven, die 95 Prozent der Bevölkerung ausmachten, verfügten weder über Produktionsmittel noch über persönliche Freiheiten. Über eine Millione Leibeigenen und Sklaven waren Ausbeutung und Folter ausgesetzt und lebte in unsäglichem Elend. Zudem beherrschten die Lamas mit der Religion die Seelen der Menschen („Du bist Sklave, weil Du im vorherigen Leben schlechtes Karma angehäuft hast.”). Es gab kein Gesundheitswesen, keine Schulen und keinerlei Infrastruktur wie Straßen oder Abwassersysteme. Die große Mehrheit der Tibeter war Analphabeten und ihre Lebenserwartung lag bei 35,5 Jahren. Tibet war kein Shangri-La sondern ein Armenhaus und weltweit eine der letzten großen Bastionen der Leibeigenschaft.

Das Ende des Zweiten Weltkriegs läutete eine neue Ära der Entwicklung ein. In der 1948 von den Vereinten Nationen verabschiedeten Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wurde klar festgehalten: „Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel sind in jeder Form verboten." 1956 verabschiedeten die Vereinten Nationen das Zusatzübereinkommen über die Abschaffung der Sklaverei, des Sklavenhandels und sklavereiähnlicher Einrichtungen und Gebräuche. Von 1953 bis 1957 wurden die noch verbliebene Sklaverei und Leibeigenschaft in den von ethnischen Minderheiten bewohnten Gebieten Chinas bis auf Tibet vollständig abgeschafft. Die Nachrichten aus anderen Teilen Chinas gelangten auch nach Tibet und lösten eine Eigendynamik aus. Die Bauern legten Gebetsmühle und Büßergewand ab und hinterfragten die Herrschaftsmuster. Die Stimme, die die Abschaffung der feudalen Leibeigenschaft forderte, wuchs in der tibetischen Gesellschaft von Tag zu Tag.  

Am 25. Juli 1956 schrieben 65 Bauern in Lhasa einen gemeinsamen Brief an den 14. Dalai Lama, in dem sie den früheren Beginn der Reform forderten. Er trägt die Fingerabdrücke der 65 Bauern und lautet auszugsweise: „Wir sind alle Bauern, die Landwirtschaft betreiben. Wir sind mehr als alle anderen darauf bedacht, den frühen Beginn der Reform zu sehen."

 

Das „17-Artikel-Abkommen" schrieb die Notwendigkeit vor, das gesellschaftliche System Tibets zu reformieren, und betonte in Anbetracht der besonderen Umstände in Tibet, dass „es der lokalen Regierung in Tibet überlassen ist, Reformen selbständig durchzuführen, und wenn im Volk Reformwünsche laut werden, sollen sie durch Beratung mit den maßgeblichen Personen in Tibet erfüllt werden." Die zentrale Volksregierung nahm dementsprechend eine tolerante Haltung ein und setzte auf die Politik, dass in Tibet innerhalb von sechs Jahren keine Reformen durchgeführt werden sollten, gewissenhaft um. In der Zwischenzeit leisteten die Zentralregierung als Antwort auf den langfristigen Einfluss der Theokratie in Tibet Überzeugungsarbeit bei der tibetischen Oberschicht und unter dem tibetischen Volk und konnte die Unterstützung von immer mehr Menschen für die Reform gewinnen. Andererseits wartete sie geduldig darauf, dass die herrschende Klasse Tibets endlich freiwillig Reformen durchführte.

Jedoch zeigten der 14. Dalai Lama und die Reaktionären in Tibets Oberschicht keinerlei Bereitschaft, eine Reform durchzuführen. Stattdessen versuchten sie mit allen Mitteln, das System der theokratischen Leibeigenschaft aufrechtzuerhalten, aus Angst, dass eine Reform sie ihrer politischen und religiösen Privilegien, zusammen mit ihren enormen wirtschaftlichen Vorteilen, berauben würde. Angestiftet und unterstützt von den imperialistischen Kräften verkündeten sie ihren Beschluss, die Reform niemals durchzuführen und kündigten einseitig das 17-Punkte-Abkommen auf. Schließlich begannen die Kreise um den 14. Dalai Lama am 10. März 1959 eine lange geplante bewaffnete Rebellion, mit dem Ziel, Tibet von China abzuspalten. Um die Einheit der Nation und die grundlegenden Interessen des tibetischen Volkes zu schützen, schlug die Zentrale Volksregierung gemeinsam mit der tibetischen Bevölkerung die bewaffnete Rebellion nieder. Die tibetische Lokalregierung (das Kashag-Regime) wurde aufgelöst und eine Bewegung für demokratische Reformen begann. 

Am 10. August 1959 verbrannten Leibeigene des Klosters Ganden die Verträge, durch die sie verkauft wurden.

Durch die demokratische Reform, die bis Ende 1961 dauerte, wurde die feudale Leibeigenschaft unter der Theokratie in Tibet vollständig abgeschafft. Eine Million Leibeigene wurden befreit. Die persönliche Bindung der Leibeigenen an den Grundherren wurde aufgehoben und sie erlangten erstmals in der Geschichte persönliche Freiheiten. In den ländlichen Gebieten, in denen ca. 800.000 Menschen lebten, mobilisierte die Zentralregierung die Bevölkerung für eine Kampagne gegen Rebellion, Fronarbeit und Sklaverei. In der Folge verteilte die Zentralregierung Land an die Bauern, um ihnen ein selbständiges Leben in Freiheit zu ermöglichen. In den Weidegebieten mit einer Bevölkerung von 280.000 Menschen verfolgte die Zentralregierung eine Politik, die sowohl den angestellten Hirten als auch den Herdenbesitzern zugutekam, wobei letztere ihrer feudalen Privilegien aufgeben mussten. Bei der Reform wurde das Prinzip Trennung von Staat und Religion umgesetzt und alle feudalen Privilegien der Klöster wurden aufgehoben. 

 Eine ehemalige Leibeigene Galsang Chima, 76, aus der Gemeinde Caigongtang im östlichen Bezirk von Lhasa, war glücklich, die Landurkunde zu erhalten.

Die demokratische Reform war eine Zäsur für den gesellschaftlichen Fortschritt und die Entwicklung der Menschenrechte in Tibet. Sie legte grundlegende Ecksteine für einen modernen Staat. 1961 wurde in ganz Tibet eine allgemeine Wahl abgehalten. Zum ersten Mal wurden die ehemaligen Leibeigenen nicht mehr als „sprechende Werkzeuge" betrachtet, sondern traten auf der politischen Bühne als das souveräne Volk eines neuen Tibets auf. Im Juli 1965 waren die allgemeinen Wahlen auf Gemeinde-, Kreis-, Präfektur- und Provinzebene abgeschlossen. Unter den über 2.600 Abgeordneten, die in die Volkskongresse gewählt wurden, waren 2.200 ehemalige Leibeigene. Im September 1965 fand die erste Sitzung des Ersten Volkskongresses von Tibet statt. Auf dieser Sitzung wurde das Autonome Gebiet Tibet offiziell ins Leben gerufen. 

In diesen beiden Film-Dokumentationen erfahren Sie mehr zu dem Thema:

Teil 1: End of Tibetan serfdom-Part1

Teil 2: End of Tibetan serfdom-Part2

 

Suggest to a friend
  Print